Mit Chakra oder im Plural Chakren, werden im tantrischen Hinduismus, im tantrisch-buddhistischen Vajrayana, im Yoga sowie in einigen esoterischen Lehren die angenommenen subtilen Energiezentren zwischen dem physischen Körper und dem feinstofflichen Körper des Menschen bezeichnet. Diese seien durch Energiekanäle verbunden.
Sieben der Chakren, die angenommenen Hauptenergiezentren des Menschen, werden entlang der Wirbelsäule bzw. in der senkrechten Mittelachse des Körpers lokalisiert. Sie seien durch den angenommenen mittleren Energiekanal verbunden, den Sushumna-Nadi, durch den auch die Kundalini-Kraft aufsteige. Diese Kundalini, die zugrunde gelegte potentielle Kraft jedes Menschen, ruhe vor diesem Prozess „wie eine Schlange zusammengerollt“ im untersten Zentrum, dem Muladhara-Chakra. Verschiedene Lehren und Schulen variieren in ihren Auffassungen bezüglich Details wie Anzahl und genauer Lokalisation der Chakren, Meist geht man heute, besonders im Yoga, von einem System mit sieben Hauptchakren aus.
Die Hauptchakren
Den sieben Hauptchakren ordnet man eine Anzahl von Blütenblättern einer „Lotusblume“ zu sowie, in modernen Schulen, bestimmte Farben, die aber in den Lehren variieren. Mit jedem Zentrum ist eine Gottheit verbunden, auch diese sind unterschiedlich angegeben. Die Lotusblume wird in Indien als Symbol für Reinheit, Treue, Schöpferkraft und Erleuchtung verwendet; sie steht auch dafür, dass sie ähnlich dem Chakra sich öffnet und wunderschön wird.
Als Hauptchakren gelten (in Entsprechung zur anatomischen Lage von oben nach unten):
- Sahasrara, das Kronen- oder Scheitelchakra, als tausendblättriger Lotos symbolisiert.
- Ajna, das Stirnchakra (zwei Blätter)
- Vishuddha, Hals- oder Kehlchakra (sechzehn Blätter),
- Anahata, Herzchakra (zwölf Blätter),
- Manipura, Nabel- oder Solarplexuschakra (zehn Blätter),
- Svadhisthana, das Sakral- oder Sexualchakra (sechs Blätter),
- Muladhara, als Wurzelchakra bezeichnet (vier Blätter).
Die Nennung erfolgt im Hinblick auf die in der Chakralehre angenommenen Funktionen meist von unten nach oben.
Zu jedem der unteren fünf Zentren gehört ein unterstützendes Element wie Erde, Wasser, Feuer, Wind und Äther.
Physischer und psychischer Einfluss
Der Zustand der Chakren soll auf die zugehörigen Organe ebenso wie auf Emotionen, Psyche und Charakter wirken. Störungen und Blockaden können sich daher sowohl auf der physischen als auch auf psychischer Ebene zeigen. Verschiedene Yogasysteme bieten Möglichkeiten, Chakren zu harmonisieren und Blockaden aufzulösen. Das postulierte Ziel des Yoga ist die Heilung von Körper, Seele und Geist, um so zu einer Ganzheit zurückzufinden und in der spirituellen Entwicklung voranzuschreiten. Sind alle sieben Hauptchakren einschließlich des Kronenchakras vollständig geöffnet und kann die Lebensenergie (Prana) ohne Blockaden und Störungen fließen, dann hat das Individuum nach hinduistischer sowie nach buddhistischer Lehre Erleuchtung erlangt.
Das hinduistische Chakrensystem kommt in verschiedenen Schriften vor, besonders in einigen Upanishaden und anderen Schriften des Veda. Weitere wichtige Erwähnungen finden sich auch in den Schriften des Tantrismus – so dem Sat-Chakra-Nirupana, Padaka-Pancaka und Gorakshashatakam.
Der Hinduphilosoph Shankara (8. Jahrhundert) geht in seiner populären Hymne Sundarya Lahiri mehrmals auf die Chakren ein:
“O meine Göttin, du lebst verborgen mit deinem Gemahl im tausendblättrigen Lotus, der durch die feinen Bahnen brechend erreicht wird, durch die Kraft der Erde im Muladhara, durch die Kraft des Wassers im Svadhisthana, durch die Kraft des Feuers im Manipura, durch das Feuer der Luft im Herzen und durch die Kraft des Äthers zwischen den Augenlidern.”
Die Chakrenlehre wurde durch die Veröffentlichungen des Briten Sir John Woodroffe (alias Arthur Avalon) dem Westen zugänglich gemacht und fand Eingang in die Theosophie und andere esoterisch-spirituelle Richtungen. Heute nimmt die Chakrenlehre eine nicht unwichtige Stelle in bestimmten Yogarichtungen zur Erweckung der Kundalini-Energie ein, im Neotantra und auch in alternativen Heilmethoden wie Reiki.
Den sieben Chakren werden u. a. bestimmte Farben bzw. Farbtöne zugeordnet:
Rot: Wurzelchakra, Muladhara
Orange: Sakralchakra, Svadhisthana
Gelb: Solarplexuschakra, Manipura
Grün: Herzchakra, Anahata
Blau: Halschakra, Vishuddha
Indigo: Stirnchakra, Ajna
Violett: Kronenchakra, Sahasrara
Margo Naslednikov ordnet sechs der sieben Chakren funktionell bestimmten Plexus zu und teilweise davon ausgehend innervierten endokrinen Drüsen:[5]
- Sahasrara – Zirbeldrüse
- Ajna – Hypophyse – im Sinus cavernosus liegend, von Naslednikov als plexus cavernosus bezeichnet
- Vishudda – Schilddrüse – Plexus pharyngealis
- Anahata – Thymus – Plexus cardialis
- Manipura (Hara) – Pankreas – Solar plexus
- Svadishtana – Gonaden – Plexus sacralis
- Muladhara – Nebennieren – Plexus lumbalis, Plexus hypogastricus inferior